„Nur noch wenige Exemplare auf Lager.“ Was hat es auf sich mit der mysteriösen Klausel? Darf sie nicht verwendet werden? Ist sie wettbewerbswidrig? Verboten? Nein, ganz so schlimm ist es nicht.
Lockvogelwerbung
Es geht um einen Fall, der vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt wurde. Da hat ein Online Händler in seinem Webshop ein Elektrofahrrad angeboten. In dem Angebot schrieb er: „Nur noch wenige Exemplare auf Lager.“
Das Fahrrad wurde bestellt, der Käufer erhielt eine Bestellbestätigung und eine Zahlungsaufforderung und zahlte per Vorkasse. Es kam wie es kommen musste: Das gute Stück konnte nicht geliefert werden. Der verärgerte Käufer ging vor Gericht. Er sagte, das Angebot im Online Shop sei verbotene Lockvogelwerbung. Er klagte darauf, der Online Händler möge solche Angebote in Zukunft unterlassen. Er gewann das Verfahren.
Lockvogelwerbung heißt: Ein Kaufinteressent wird durch ein schönes Angebot dazu verführt, mit dem Verkäufer in Kontakt zu treten und womöglich auch schon zu bezahlen, das schöne Angebot selbst ist aber gar nicht verfügbar. Das Gesetz verbietet in der Tat solche Lockangebote, siehe Nr. 5 Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG. Ein Lockangebot liegt aber nicht vor, wenn der Käufer noch vor dem Kauf darüber informiert wird, dass das gewünschte Produkt nicht mehr zu haben ist.
Worum geht es also beim Verbot der Lockvogelwerbung? Es geht nicht um eine verbotene Klausel. Es geht darum, dass Ware, die im Online Shop angeboten wird, auch tatsächlich geliefert werden kann. Oder die Nicht-Lieferbarkeit zumindest rechtzeitig mitgeteilt wird.
Gegenmittel
Was hätte der Verkäufer also tun können? Er hätte sein Angebot so ausgestalten können, dass die Anzahl verbleibender Fahrräder im Online Shop bekannt gegeben wird. Oder er hätte dem Käufer statt der Bestellbestätigung und der Zahlungsaufforderung einen Hinweis auf die Nicht-Lieferbarkeit des Fahrrades zukommen lassen können.
Was hat der Verkäufer stattdessen gemacht? Er schrieb in seinem Angebot: „Nur noch wenige Exemplare auf Lager“.
Jeder kennt diese Klausel. Was sagt sie? „Das Produkt ist begehrt, greif zu, denk nicht zu lange nach, zögerst du zu lange – ist es weg.“ Was sagt sie nicht? „Das Produkt ist nicht mehr auf Lager.“
Gut, der Bestellvorgang dauert eine Weile. Sind nur noch wenige Exemplare da, kann es sein, dass am Anfang des Bestellvorgangs noch was übrig ist, am Ende des Vorgangs aber nicht. Die Klausel sagt also durchaus: „Das Produkt ist UNTER UMSTÄNDEN nicht mehr auf Lager.“
Reicht das? Vielleicht wenn am Ende des Bestellvorgangs ein entsprechender Hinweis kommt. Nicht aber, wenn man stattdessen zur Zahlung aufgefordert wird.
Die verbotene Klausel
Welche Rolle spielt also die mysteriöse Klausel? Nur eine ganz untergeordnete: Sie allein ist kein ausreichender Hinweis auf die Nicht-Lieferbarkeit eines Produkts. Sie schützt nicht davor, dass ein Angebot als Lockvogelwerbung eingestuft wird.
Die verführerische Klausel darf also weiterhin verwendet werden. Aber nur zusammen mit einem deutlichen und rechtzeitigen Hinweis, falls die Ware tatsächlich ausgeht.
Eilrechtsschutz
Kleine Info am Rande: Das Verfahren vor dem OLG Hamm ist eins im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes. Es geht also um eine einstweilige Verfügung. In einem solchen „Eilverfahren“ wird die Rechtslage nur grob, summarisch geprüft. Es folgt noch ein Hauptverfahren und erst dann erfolgt eine intensive inhaltliche Prüfung. Der Ausgang des Verfahrens ist also im Grunde genommen noch offen.
So viel dazu.
Gruß,
Eure Julia